Deutschland wurde auf die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention geprüft. Besonders der Unterricht an Förderschulen steht in der Kritik.

14 Seiten mit Kritik und Empfehlungen: Die Vereinten Nationen (UN) bemängeln in einem Bericht von Mittwoch die Rechte von Menschen mit Behinderung in Deutschland. „Die Exklu­sions­kette von der Förderschule in die spezielle Werkstatt und das Wohnheim für behinderte Menschen muss endlich auch in Deutschland durch inklusive Angebote für ein Leben mittendrin in der Gesellschaft durchbrochen werden“, sagte Ottmar Miles-Paul, Sprecher der Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen in Deutschland, LIGA, nach der Vorstellung des UN-Berichts am Mittwoch.

Der Report der Vereinten Nationen ist Ergebnis des sogenannten zweiten und dritten Staatenberichts über den Stand der Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland, der erste erfolgte bereits 2015. In den neuen Beobachtungen lobt der Ausschuss nur auf einer halben Seite positive Entwicklungen seitdem. Die UN bemängelten in ihrer Prüfung beispielsweise die „Vorherrschaft von Förderschulen“.

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In ihren Schlussbemerkungen fordern die Vereinten Nationen von Deutschland, Interessenvertretungen von Personen mit Behinderungen besonders in den Dialog zu involvieren. „Nichts über uns ohne uns“ müsse auch in Deutschland umfassend ernst genommen werden, um echte Inklusion zu erreichen, sagte Miles-Paul.

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  • @redballooon@lemm.ee
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    10 months ago

    Beispiel dafür wie Inklusion allen was bringt: wenn wir Arbeits- oder Lernumgebungen so gestalten dass auch Neurodiverse teilhaben können, die mit Überreizung schlecht können, dann bedeutet das ruhige Umgebungen, die für jeden konzentrationsförderlich ist. Eine Schulklasse mit 30 Schülern ist das offensichtlich nicht, ebenso wenig Großraumbüros.

    Beispiel dafür wie Inklusion nur den Betroffenen was bringt, ohne großen Aufwand für die Institution zu verursachen: Wenn man die gleichen Rechtschreibanforderungen an Legastheniker stellt wie an Nicht-Legastheniker, sind diese Personen von Kindesbeinen an permanent benachteiligt, was sich gleichermaßen auf ihre attestierten Leistungen und Selbstbild auswirken wird. Wenn die Institution einfach berücksichtigt, dass eine Person an dieser Stelle anders bewertet werden muss, hat sie plötzlich vergleichbare Chancen mit den Mitschülern. Ganz analog für Probleme mit Feinmotorik, die zu Schwierigkeiten mit Handschrift führen, was z.B. auf dem autistischen Spektrum anzutreffen ist. Die Lösungen hier sind in vielen Fällen nicht teuer, sondern einfach nur Wissen und Offenheit gegenüber der Tatsache, dass nicht alle Menschen in allen Belangen gleich sind. Letzteres ist leider für viele Lehrer schon eine Herausforderung.

  • federalreverse-old
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    10 months ago

    Vorweg, damit ich nicht falsch verstanden werde: Mehr Inklusion, ja bitte.

    Hauptteil, der falsch verstanden werden könnte: Vielleicht sehe ich das ja komplett falsch, aber ich finde es sinnvoll, bei der Inklusion zwischen rein körperlichen Behinderungen und (insbesondere schweren) geistigen Behinderungen zu unterscheiden. Nicht jeder Mensch kann in das leistungsorientierte Standardschulsystem integriert werden und nicht jeder Mensch kann in einem profitorientierten Unternehmen arbeiten. Natürlich kann Inklusion für alle Seiten ein Gewinn sein, aber nur, wenn die Unterschiede im Lernen und Arbeiten gerade so groß sind, dass eine Anpassung aller aneinander noch möglich ist.

    Bias: Ich kenne jemanden, der in einer Werkstatt arbeitet. Ich weiß auch, dass viele aus der Werkstatt nicht weg wollen (jedenfalls sagen sie das).

    • @redballooon@lemm.ee
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      10 months ago

      Nichts für ungut, aber wenn ein Politiker diese Worte verwendet, dann ist glasklar dass der keinen Pfennig für mehr Inklusion in die Hand nehmen will.

      Die Abgrenzung “nicht jeder kann inkludiert werden” ist trivial. Wenn sie aber der Einstieg in die Diskussion ist, dann geht es von vornherein nicht um all die, die mit überschaubarer Anpassung eben doch teilhaben können.

      • federalreverse-old
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        410 months ago

        Ok, du betrachtest mein Argument also nicht aus der Sichtweise was letztlich gesellschaftlich sinnvoll wäre, sondern aus der Sichtweise, wie sich ein später kompromissfähiges Argument aufbauen lässt? So war es eigentlich nicht gemeint, aber ich verstehe, warum du es machst.

        • @redballooon@lemm.ee
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          110 months ago

          Ich denke es ist wichtig, wie man an die Diskussion herantritt. Ganz viele Inklusionsarten müssen nicht teuer sein, sondern nur mit Wissen und Offenheit angegangen werden. Wenn wir gleich über Maximalforderungen reden, vergessen wir die niedrighängenden Früchte ganz leicht.

          Ich hab ein paar Beispiele in meinem Top-Level-Kommentar geschrieben: https://lemm.ee/comment/3512725