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Der MdB-Mitarbeiter Mario Müller will eine rechte »Fahndungsplattform« betrieben und sich ins Antifa-Ost-Verfahren eingemischt haben

Am Mittwoch hat Correctiv in einer Lesung im Berliner Ensemble seine Recherchergebnisse zum sogenannten Düsseldorfer Forum szenisch dargestellt. Über diesen geheimen Gesprächskreis von AfD-Politikern und Rechtsextremen berichtete das Recherchezentrum erstmals vor einer Woche. Demnach hat sich das Düsseldorfer Forum am 25. November in Potsdam **zum fünften Mal getroffen **und dabei die massenhafte Vertreibung von Migranten besprochen.

Bei der Darstellung am Mittwoch hat Correctiv einige bis dahin unveröffentlichte Details zu dem Geheimtreffen bekannt gemacht.

Dabei geht es um Mario Müller und seine mögliche Verwicklung in das sogenannte Antifa-Ost-Verfahren.

Müller ist Mitarbeiter im Büro des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt und war eine jahrelang eine Führungsfigur der Identitären Bewegung.

Als Reporter schrieb er auch im stramm rechten Magazin »Compact«. Wegen Körperverletzung ist Müller mehrfach vorbestraft.

Laut Correctiv behauptete Müller auf dem Düsseldorfer Forum, für einen gewaltsamen Übergriff auf den ehemaligen linken Aktivisten Johannes Domhöver mitverantwortlich zu sein.

Domhöver wurde 2021 von zwei Betroffenen als sexuell und psychisch gewalttätig geoutet; die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin ein Strafverfahren wegen Vergewaltigung eröffnet und später eingestellt.

Wohl wegen des Outings in Berlin zog Domhöver anschließend nach Warschau und arbeitete dort in einer Kindertagesstätte als Erzieher.

Zu diesem Zeitpunkt war Domhöver auch einer der Angeklagten im Antifa-Ost-Verfahren. Ihm und den später verurteilten Linken wurde vorgeworfen, seit 2018 gezielt Jagd auf Neonazis gemacht zu haben.

Während des Verfahrens wechselte Domhöver jedoch die Seiten und sagte als Kronzeuge umfassend gegen Lina E. und andere Mitangeklagte aus.

Dafür kam er mit einer Bewährungsstrafe davon und profitiert nun von einem Zeugenschutzprogramm des Bundeskriminalamtes.

Im Thüringer Untersuchungsausschuss Politische Gewalt hat der Kronzeuge es so dargestellt, dass persönliche Gründe und seine Ächtung in der linken Szene den Ausschlag für seine Kooperation mit den Behörden gegeben hätten.

Auf dem Düsseldorfer Forum behauptete der AfD-Mitarbeiter Müller demgegenüber, er habe dafür gesorgt, dass Domhöver die Seiten wechselte.

**Müller habe den Aufenthaltsort von Domhöver im November 2021 herausgefunden und an »polnische erlebnisorientierte Fußballkreise« weitergegeben. **

**Daraufhin sei dieser von einem Schlägertrupp verprügelt worden und habe einen Nervenzusammenbruch erlitten, soll Müller auf dem Düsseldorfer Forum gefeixt haben.

Das Domhöver tatsächlich verletzt wurde, ist in sozialen Medien dokumentiert.**

Mutmaßlich ereignete sich der Vorfall am Rande des Nationalfeiertags in Polen am 11.November 2021, bei dem wie jedes Jahr Rechtsextreme in der polnischen Hauptstadt aufmarschierten. Domhöver soll an dem Tag an einer Gegendemonstration teilgenommen haben.

Auf dem Geheimtreffen in Potsdam soll Müller der Correctiv-Recherche zufolge außerdem gesagt haben, zusammen mit einem anderen rechten Aktivisten eine »politische Fahndungsplattform« zu betreiben.

Gemeint ist der reichweitenstarke Account »Dokumentation Linksextremismus« auf X (vormals Twitter) mit derzeit rund 14 000 Followern.

**Der Account hat Details über linke Akteure, Politiker und Journalisten mit Klarnamen oder Fotos verbreitet. **

Mehrfach wurden auch Interna gepostet, die aus Behörden stammen könnten, über diese berichteten anschließend rechte Medien und die Springer-Presse.

In einem Fall konnte Correctiv den Informationsfluss nachzeichnen: Am 18. Oktober 2023 wurde auf »Dokumentation Linksextremismus« ein Dokument der Staatsanwaltschaft Dessau veröffentlicht, wonach gegen Lina E. auch wegen versuchten Mordes ermittelt wird.

Dessau. Da war doch was.

Diese Informationen hatte zwei Tage später unter anderem die »Bild«-Zeitung aufgegriffen. Ein Scoop für Müller, der sich selbst der »Gewalt und Medienarbeit« verschrieben habe, schreibt Correctiv.

Vorläufig ist damit aber Schluss: Am Mittwoch wurde der Account »Dokumentation Linksextremismus« von seinen Betreibern auf X für die Öffentlichkeit gesperrt.

Das überrascht mich jetzt echt.

Offline sind damit auch Postings zu Antifaschisten, die in Budapest wegen Angriffen auf Nazis beim »Tag der Ehre« im Februar 2023 gesucht werden oder bereits inhaftiert sind.

Hierzu hatte »Dokumentation Linksextremismus« ebenfalls Details und Fotos linker Aktivisten veröffentlicht, die aus unbekannten, womöglich behördlichen Quellen stammten.

Auch in diesem Fall hatte die »Bild« die Betroffenen dann in der Zeitung geoutet und als »Hammerbande« bezeichnet.

Natürlich hat sie das.

Warschau und Budapest waren nicht die einzigen Orte, an denen Müller im europäischen Ausland aktiv war.

2020 war der Identitäre mit mehreren Dutzend europäischen Neonazis und rechten Influencern nach Lesbos gereist, um ankommende Boote von Geflüchteten zu behindern.

Wie menschlich abstoßend kann man sein?

Auf Fotos inszenierten sie sich als Verteidiger der griechischen Grenze.

Auch Martin Sellner, ein Hauptredner des Düsseldorfer Forums, war bei dem rechtsextremen Ausflug an die EU-Außengrenze dabei.

Ungestört blieben die Rechtsextremen aber nicht: Die Reisegruppe wurde von Antifaschisten angegriffen, wie Fotos verschiedener Accounts auf X belegen.

Das ist sehr tragisch.

  • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺
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    5 months ago

    D.h. der Kronzeuge soll nach eigener Prahlerei eines AfD Mitarbeiters von diesem initiert zusammengeschlagen und bedroht worden sein, um seine Aussage zu tätigen?

    In einem Rechtsstaat müsste das Verdahren jetzt wieder aufgenommen werden, und geprüft werden, inwieweit Müller hier im Wissen oder gar Auftrag der Staatsanwaltschaft gehandelt hat. Da mehrfach Interna an ihn durchgestochen wurden, gibt es hier offenbar eine persönliche Verbindung.

    Wenn die Zeugenaussage erpresst wurde, dann kann sie gerichtlich nicht verwertet werden und die Anklage bricht zusammen. Besonders beschämed ist, dass sich eine Bundesinnenministerin hier lobend hinter die Soko-“LinX” gestellt hat, die möglicherweise mit Rechtsextremen zusammengearbeitet hat, um ein falsches Urteil zu ermöglichen.

    • @DrunkenPirate
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      5 months ago

      Na ich lese das eher so, dass der Kronzeuge durch (konstruierte?) Sexismusvorwürfen bei den Linken unbeliebt wurde. Haltelose Vorwürfe aber er war draußen.

      Dann ist er nach Polen, weil er in DE keine Freunde/ Gruppe/ Unterstützer hatte. Ausgegrenzt worden.

      In Polen wurde er bedroht und verprügelt. Durch Müllers Veröffentlichtungen. Er hatte dort keinen Rückhalt/ Freunde/ Gruppe/ Unterstützter und sah den besten Weg ins Zeugenschutzprogramm unterzuschlüpfen, da er von Rechts bedroht und von Links verachtet zwischen den Kampfzonen ein leichtes Opfer ist.

      Müller kann man höchstens Anstiftung nachweisen. Kann mir vorstellen, dass er hinter den Sexismusvorwürfen steckt. Da sind schon einige auch hohe Tiere drüber gefallen. Selbst wenn es unbegründet war. (Beliebtes Schema btw. Vielen Dank an die feministischen Hexenjäger Sexismus. In den USA gehen wohl manche Männer nicht mehr in den Aufzug, wenn nur 1 Mann und 1 Frau drinnen sind)

      • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺
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        115 months ago

        Abgesehen davon, dass ich deinen Rant über Sexismusvorwürfe entschieden zurückweise, wie ändert das etwas daran, dass der Zeuge mutmaßlich durch den von Müller initierten Angriff in Polen dazu gebracht wurde, ein Aussage zu treffen, die damit nicht verwertbar ist?

        • @DrunkenPirate
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          -35 months ago

          Weil Müller ihm nicht zu einer Aussage als Kronzeuge gepresst hat. Das ist eine Interpretation von dir, die ich gewagt halte.

          Das jemand so stark und gezielt Social Engineering betreiben kann, halte ich für ausgeschlossen. (Wenn A, dann macht Person B)

          Ich vermute, ihm blieb keine andere Wahl, da er zwischen den Stühlen saß und somit „Freiwild“

            • @DrunkenPirate
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              -25 months ago

              Dann bedeutet es trotzdem nicht, dass Person B zwangsläufig Aktion C macht. Menschen sind keine Computer.

              • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺
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                45 months ago

                Also können wir die Straftatsbestände der Erpressung, Raub und Nötigung aus dem StGB entfernen, weil die Androhung und Anwendung von Gewalt oder anderen schweren Konsequenzen nicht zwangsläufig das Opfer zu einerHandlung bringen muss?

                • @Kornblumenratte
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                  15 months ago

                  Die entscheidende Frage ist:

                  a) Hat Müller zu Domhöver Kontakt aufgenommen und ihn erpresst, als Kronzeuge, womöglich sogar mit einer Falschaussage, aufzutreten? => das wäre Anstiftung zur Körperverletzung und Erpressung, die Aussage Domhövers im Verfahren wertlos und Müller wäre direkt für Domhövers Aussage verantwortlich.

                  Oder

                  b) Hat Müller Domhöver Hooligans auf den Hals gehetzt, weil er gerne Leute schikaniert, woraufhin Domhöver sich dazu entschlossen hat, nicht nach Neuseeland auszuwandern, sondern ins bundesdeutsche Zeugenschutzprogramm zu gehen. Das wäre “nur” Anstiftung zur Körperverletzung, die Aussage Domhövers wäre gültig und Müller wäre indirekt für Domhövers Aussage verantwortlich.

                  In beiden Fällen könnte Müller sich damit brüsten, dass er Domhöver zur Aussage gebracht hätte.

      • punkisundead [they/them]
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        55 months ago

        Um es nochmal deutlich zu machen: es geht nicht um “einfache” Sexismusvorwürfe sondern um sexuelle und psychische Gewalt an mehreren Personen über teils längere Zeiträume. Und große Teile des Umfelds sowie vertrauenwürdige Gruppen der Szene halten die veröffentlichten Outcalls für absolut glaubwürdig, genau deshalb ist er ja auch so isoliert gewesen.

        Ob der Umgang mit den Vorwürfen innerhalb der Linken Szene jetzt der bestmögliche war lässt sich sicher diskutieren und tatsächlich wird es das auch, gibt genug öffentliche Texte und Reflexionen von verschiedensten Gruppen dazu. Abseits der Öffentlichkeit passiert da sicher noch einiges mehr.

        • @DrunkenPirate
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          -25 months ago

          Wenn da wirklich was dran war, dann entschuldige ich mich natürlich. Ist leider ein oft wiederkehrendes Muster, das ich echt übel finde. Einfachste Art einen Rufmord zu begehen und Leute platt zu machen.