Extremwetter nehmen zu und werden teurer. Der Klimatologe des größten Rückversicherers sagt: Nicht alle werden es sich künftig leisten können, ihr Haus zu versichern.

Manche Naturkatastrophen führen zu so großen Schäden, dass sie Versicherungen überlasten würden. Deswegen sichern sich diese bei sogenannten Rückversicherern ab – sie sind damit so etwas wie eine Versicherung für Versicherungen. Ernst Rauch arbeitet als Chef-Klimatologe bei der Munich Re, dem größten Rückversicherer weltweit.

https://archive.ph/23nHD#selection-1487.0-1487.328

  • @hillbicksOP
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    1310 months ago

    Hat mich tatsaechlich ueberrascht das Interview. Grade bei nem Rueckversicherer hatte ich eine viel duestere Perspektive auf den Klimawandel und die damit verbundenen Auswirkungen auf Versicherungen erwartet.

    Wir sind aber natuerlich nicht so stark betroffen von Extremwetter und wir bauen relativ gut und sicher.

    ZEIT ONLINE: Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft?

    Rauch: Ich arbeite jetzt seit 30 Jahren an diesem Thema, es ist eines der größten Zukunftsrisiken auf einer langen Zeitskala. Wir dürfen den Klimawandel und seine Folgen nicht unterschätzen. Dazu muss ich aber sagen: Wenn man sich sehr intensiv mit dem Thema befasst, sieht man auch Lösungen.

    • @Senseless
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      810 months ago

      Die Frage ist, ob irgendwann auch vor hat diese Lösungen umzusetzen.

    • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺
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      610 months ago

      Für die Versicherer ist die Lösung eben die Raten weiter zu erhöhen.

      Die, gerade die Rückversicherer, arbeiten mit sehr großen statistischen Datensätzen und Vorhersagen und gerade die Rückversicherer haben sehr viel Kapital. Die Munich Re hatte 2022 21 Mrd. Eigenkapital und legt pro Jahr 2-3 Milliarden zurück.

      Wenn die zu erwartenden Schäden um 20% pro Jahr zunehmen, dann wird eben die Rate um 20% gesteigert. Die normalen Versicherungen müssen rückversichert sein, also werden die das an ihre Kunden weitgerben. Und falls es für die meisten Kunden nicht mehr bezahlbar wird, sich zu versichern, dann hat man immer noch das Kapital, mit dem man wirtschaften kann.

      Kurzum, den Versicherungen ist es letztlich egal. Eine Versicherung ist im Kern ein großer Haufen Geld, der verwaltet wird. Das Versicherungsgeschäft ist nur eine Einnahme- bzw. Ausgabenquelle.

      • @klisklas
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        110 months ago

        Aber hat nicht allein das Ahrtal Hochwasser, was ja nur einen sehr kleinen Teil Deutschlands betroffen hat, bereits Schäden in Höhe von 30 Mrd. Euro verursacht?

        • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺
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          410 months ago

          Wieviele davon waren versichert? Ich meine, dass da dank Wahlkampf der Staat eingesprungen ist, weil viele nicht gegen Hochwasser versichert waren. Und die waren nicht versichert, weil sie keine Versicherung bekommen haben, oder die Prämien dem Risiko entsprachen.

          Wenn die Versicherungen ordentlich wirtschaften, ist es egal, ob alle 100 oder alle 10 Jahre die Jahrhundertflut kommt. Dann werden die Raten angepasst, oder Risikoimmobilien einfach nicht mehr versichert.

          • @klisklas
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            310 months ago

            Könnte nicht genau das auch Teil der, schmerzhaften aber notwendigen, Lösung sein? Ich denke, dass es leider Gebiete geben wird, in denen man nicht mehr wohnen sollte. Die Versicherer können hier zumindest vielleicht das richtige Signal setzen, weil sie ja, wie du sagst, eiskalt kalkulieren.

        • @Wirrvogel
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          4
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          10 months ago

          Von den 30 Milliarden war nur ein kleiner Teil versichert:

          In Nordrhein-Westfalen, das am schwersten von der Flutkatastrophe betroffen war, sind bislang 4,2 Milliarden Euro für die 124.000 versicherten Schäden ausgezahlt worden. In Rheinland-Pfalz haben Betroffene für rund 20.000 Schäden über 2,1 Milliarden Euro von ihren Versicherern erhalten. Für versicherte Schäden in anderen Bundesländern, vor allem Bayern und Sachsen, flossen bislang 500 Millionen Euro.

          Und die Leute haben danach entweder von der Versicherung gesagt bekommen, dass sie in einem Hochrisikobereich wohnen für den es keine Versicherung gibt, nur eine extrem teure Versicherung gibt, oder sie nehmen das Risiko nicht ernst genug um sich zu versichern:

          Schäden durch Naturgefahren wie Starkregen und Überschwemmungen lassen sich mit einer Elementarschadenversicherung absichern. „Mit diesem existentiell wichtigen Zusatzbaustein der Wohngebäudeversicherung sind immer noch lediglich 52 Prozent der Häuser in Deutschland abgesichert“, sagt Asmussen. In Nordrhein-Westfalen liegt der Anteil bei 56 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 46 Prozent. „Leider hat das Interesse nach einem zwischenzeitlichen deutlichen Anstieg direkt nach dem Hochwasser wieder stark nachgelassen“, so Asmussen.

          https://www.gdv.de/gdv/medien/medieninformationen/zwei-jahre-ahrtalflut-schadenregulierung-vom-wiederaufbau-tempo-abhaengig-137192

          Dass sich die Gebiete in denen Versicherungsschutz bezahlbar ist bzw. überhaupt noch angeboten wird, verkleinern wenn durch den Klimawandel Extremwetter verstärkt auftreten ist halt auch eine Tatsache:

          Dazu werden mittels eines Zonierungssystems für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen, kurz ZÜRS, bestimmte Risikoregionen (so genannte ZÜRS-Zonen) unterschieden:

          Klasse 4 (hohe Gefährdung): statistisch einmal in 10 Jahren ein Hochwasser
          Klasse 3 (mittlere Gefährdung): statistisch einmal in 10-100 Jahren ein Hochwasser
          Klasse 2 (geringe Gefährdung): statistisch einmal in 100-200 Jahren ein Hochwasser oder Gebäude, die durch höhere Deiche geschützt sind
          Klasse 1 (sehr geringe Gefährdung): statistisch seltener als einmal alle 200 Jahre ein Hochwasser
          

          Mit einbezogen wird auch, ob im näheren Umkreis des Gebäudes ein Bach liegt. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) liegen 1,7 Prozent der Gebäude in den beiden Zonen mit hohem Risiko. Sind Sie Eigentümer eines Hauses in Gefährdungsklasse 4, haben Sie nur eine Chance auf Elementarschutz, wenn Sie dafür extrem hohe Versicherungsbeiträge zahlen.

          Selbst wenn das Haus nicht in einem Hochwasser-Risikogebiet liegt, kann der Versicherer den Versicherungsschutz verweigern, wenn mehrmals Wasser bei starkem Regen in den Keller gelaufen ist. Die letzte Entscheidung, inwieweit und zu welchen Konditionen Versicherungsschutz zu erhalten ist, liegt somit stets beim Versicherer.

          Es gibt daher Überlegungen eine Elementarversicherung zur Pflicht zu machen und gleichzeitig damit allen Versicherungschutz zu bieten, auch denen in hohen Klassen. Man kann sich vorstellen wer da dagegen ist.

          https://www.tagesschau.de/wirtschaft/elementarversicherung-mpk-101.html
          https://www.finanzen.de/news/kommt-die-pflichtversicherung-fuer-hausbesitzer-bundesrat-stimmt-zu

          Eine klare Position vertreten die freien Liberalen. So hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) dem Vorhaben, die Elementarversicherung zu einer Pflicht zu machen, bereits im Dezember letztes Jahr eine Absage erteilt.